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Osterseite -> Ostergeschichten -> Osterhase mit Bandscheibenvorfall

Eine Mutter im verzweifelten Bemühen, dem Nachwuchs noch ein wenig Osterhasen-Glauben zu bewahren

 

eggs und hopp

Osterhase mit Bandscheibenvorfall

Wir befinden uns im Jahr 2007.

"Was soll das heißen, 'du glaubst nicht an den Osterhasen'?, frage ich meinen fünf Jahre alten Zweitgeborenen auf dem Heimweg vom Ostersonntagsgottesdienst.
"An den Weihnachtsmann glaubst du doch auch."

"Jaaaa," antwortet er in dem Tonfall, der mir sagt, jetzt kommt was Weises!
"Den Weihnachtsmann habe ich ja auch schon gesehen. Im Dezember. Auf dem Weihnachtsmarkt.
Den gibt es also.
Aber den Osterhasen, den hab ich noch nie gesehen.
Also gibt's den nicht."

"Und den lieben Gott?" frage ich provokant.
Immerhin haben wir ja eben so 'ne Auferstehung gefeiert.
"Den hast du doch auch noch nie gesehen. Gibt's den dann auch nicht?"

Immerhin überlegt er ein paar Sekunden, bevor er sein Urteil fällt:
"Nein. Den gibt's auch nicht."

Oha, eine interessante Entwicklung, denke ich mir, und eine Herausforderung für die zukünftige Religionslehrerin.
Aber die ist ja gleichzeitig Pfarrerin bei uns im Dorf.
Deshalb mache ich mir um ihr Seelenheil keine Sorgen, eher um ihre Nerven und ihr Durchhaltevermögen ...

"Aber was ist denn mit Luft?"
Nun werde ich endgültig übermütig.
"Die kannst du doch auch nicht sehen.
Gibt's die dann auch nicht?"

Diesmal ist seine Überlegungspause noch länger. Aber die Logik siegt:
"Nein. Luft gibt's auch nicht."

"Aber die atmen wir doch gerade."

Denkpause.
"Jaa, stimmt."

"Also," versuche ich, der Rückkehr der kindlichen Unschuld im Sieg über die Logik das Feld zu ebnen,
"wenn du Luft nicht sehen kannst, aber es gibt sie offensichtlich doch, kann das nicht auch für Gott und den Osterhasen gelten?"
Dezent ketzerisch formuliert. Hoffentlich belauscht mich keiner aus dem Kirchenvorstand ...

"Najaa, vielleicht," gibt mein Söhnchen leise zu, "gibt's den Osterhasen ja doch?"
Ein hoffnungsvoller Blick, ein Lächeln.
Ostern ist gerettet!
Denke ich!

Denn mittlerweile hat uns der neun Jahre alte Cousin eingeholt, der ohnehin zu allem eine Meinung hat und diese auch sehr gerne kundtut. Offensichtlich hat er unser Gespräch mitbekommen.
"Also ICH weiß, wer der Osterhase ist!" verkündet er.

Ich spüre eine Erschütterung der Ostermacht und befürchte eine neuerliche Zertrampelung des Hasenglaubens.
Mensch!
Lass doch mein Kind noch ein bisschen länger Kind sein!

"Sooo, du weißt also, wer der Osterhase ist?"
frage ich leicht gereizt.

"Jaa, den gibt's nämlich wirklich nicht," kommt prompt die Antwort.
"Und den Weihnachtsmann auch nicht!" wird noch eins obendrauf gesetzt.

"Doch! Den Weihnachtsmann gibt's! Den hab ich gesehen!"
verteidigt mein Sprößling die aus optischer Beobachtung logisch geschlussfolgerte Existenz des kräftig gebauten Rotmantels mit Wattebart vom Adventsmarkt.

Um einer Eskalation der Auseinandersetzung vorzubeugen, schalte ich mich ein:
"Ja und? Wer ist denn jetzt der Osterhase?"

"Na, mein Papa!" erklärt der Cousin stolz

.

"Der Onkel Tom? Wieso denn der?"
berechtigte Zweifel stehen in meines Sohnes Antlit

z.

"Na schau doch," erklärt der Große,
"Mein Papa ist doch nicht mit in die Kirche gegangen, gell? Der ist zu Hause geblieben. Und da versteckt er jetzt die Nester und die Geschenke."

Große braune Sohnesaugen wenden sich mir erklärungsverlangend zu!
Mutter, sprich!
Jetzt!
Dem neunjährigen Neunmalklug kannst du später noch unauffällig in seinen wohlgeformten Boppes treten.

In der Tat, der Ostergeist ist mit mir und gibt mir Worte ein:
"Ha, weißt du nicht," frage ich den Osterhasen-Sohn, "warum dein Vater nicht in die Kirche mitgegangen ist?"

(Die eigentliche, akkurate Antwort darauf würde eine für die Leserschaft zu blumige Sprache benötigen und Worte wie "ausgetreten" und "Antichrist" beinhalten.)

"Ich kann es dir sagen," fahre ich fort.
"Seine Bandscheibe plagt ihn heute mal wieder ganz arg. (Was allerdings auch der Wahrheit entspricht!)
Und da kann er nicht so lange auf der hölzernen Bank in der Kirche sitzen.
Und jetzt bitte, sag mir doch mal, wie dein Papa mit seiner kaputten Bandscheibe mit einem Weidenkorb auf dem Rücken durch den Garten hüpfen und Nester verstecken soll!"

Zumindest sorgt das Bild, das sich daraufhin offensichtlich in den Köpfen der beiden Jungs formt, für Zweifel auf dem Cousin-Gesicht und ein zufriedenes Grinsen auf dem meines Sohnes.

Möge der Hase noch lange mit uns sein!

Trillian am 14.03.2012

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